Erlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse

 
   
     
 
 
     
  Auszug aus meinem Tagebuch:  
  Brief an eine Reitschule
August 2014
 
     
     
  Auf der Suche nach pferdegerechtem Reitunterricht, kam ich auf die Webseite einer Reitlehrerin, die Großartiges nach den Lehren der altklassischen Meister verspricht. Im April 2014 bin ich das erste Mal zum Reitunterricht dort, doch was ich mit der Reitlehrerin und Stallbesitzerin erlebe hat mit klassischer Reitkunst leider wenig zu tun. Da ich nicht sofort ein Urteil bilden möchte, gehe ich von April bis Juli 2014 wöchtentlich dort zur Reitstunde und sehe beim Training zu. Nach einigen negativen Erlebnissen und Diskussionen mit der Ausbilderin, beschließe ich, nicht mehr zum Reitunterricht dorthin zu gehen. Ich spreche Einiges an, was mich stört, doch ich werde respektlos von der RL niedergemacht. Im August schrieb ich der RL folgende email...  
     
  Liebe Bxxx,

schade, dass Du gar nichts von Dir hören lässt. Umgang mit Kritik ist wohl leider nicht Deine Stärke. Schade.

Mit Smokey war ich einige Male reiten, seit ich nicht mehr bei Dir zur Reitstunde war. Mein Umgang mit meinen Pferden ist seitdem wieder viel gelassener und sanfter. Ich habe mich wieder auf meine eigentlichen Grundsätze besonnen.

Auch das Reiten ohne Gewicht in den Händen ist viel angenehmer und Smokey geht wieder viel schöner über den Rücken und schwungvoll vorwärts-abwärts, wenn ich ihn in leichtem Kontakt reite.

Auch mit meinem Sitz und meiner Hilfengebung probiere ich viel und vergleiche das mit den Videos von verschiedenen Klassischen Ausbildern und Pferderückenspezialisten. Wenn ich auf mein Gefühl vertraue, so ist der von Dir empfohlene Sitz mit ständig abgekipptem, rollenden Becken viel starrer als mein offener Sitz nach der Klassischen Lehre mit locker, mitschwingendem, sich öffnenden Becken. Auch meine Beine sind viel lockerer und meine Waden kommen viel leichter ans Pferd, wenn ich meine Fersen nach unten sinken lasse, was Du mir permanent abtrainieren möchtest.

Ich mache momentan viel Gefühlsarbeit und habe zudem leihweise eine Kamera zur Verfügung. Smokey läuft taktrein, losgelassen, entspannt und fleißig, wenn ich mich auf die Dinge besinne, die ich vor Jahren u.a. von Marion Seel, Birgit Getsch, Hartmut Luther und Anke Recktenwald gelernt habe, meine Pferdephysiotherapeutin bestätigt das immer wieder und sie begründet das sinnvoll und stichhaltig.

Ich möchte das Pferd von hinten nach vorne reiten, nicht wie von Dir gelehrt von vorne nach hinten. Das Pferd soll locker durchschwingen und körperlich sowie geistig-mental losgelassen sein, ich möchte nicht mit Kraft reiten, sondern mit „Technik“ und Gefühl. Ich möchte mit dem Pferd kommunizieren nicht das Pferd wie eine tote Maschine bedienen.

Deine Pferde laufen eilig-spannig mit Tempo, das hat mit Vorwärts im eigentlichen Sinne nichts tun. Denk nur an die verkürzten Tritte und die Piaffe – da ist das größte Vorwärts notwendig, allerdings ohne „Tempo“ und ohne dass das Pferd vorne eng gemacht wird.

Ich erkenne sehr wohl, wann ein Pferd „über den Rücken geht“ und wann nicht. Von Dir kann ich leider nichts über pferdegemäßes Reiten lernen. Bitte sei mir nicht böse, aber ich wollte Dir das einfach ehrlich sagen.

Vielleicht ist es eine Anregung für Dich, Dich vermehrt mit den Klassischen Grundsätzen der Reitlehre auseinander zu setzen. Dazu gehört u.a. dass keinerlei Hilfszügel eingesetzt werden, die das Pferd hinter die Senkrechte bringen, wenn es sich vorwärts-abwärts strecken möchte, ebenso wird nach der Klassischen Lehre die Longe oder der Führzügel niemals in die Trense, sondern immer in den Kappzaum oder ein Halfter eingeschnallt. Dass Du Deine Pferde kurz ausbindest mit Nase in der Senkrechten und an der Trense longierst und daran auch reißt, hat mir von Anfang an Gänsehaut verursacht.

Zitat Steinbrecht: "Alle toten Vorrichtungen und Hilfszügel, also solche, die durch Festhalten oder -schnallen eine gleichförmige Wirkung äußern, schaden ohne Ausnahme mehr als sie nützen, da sie sämtlich das Maul des Pferdes verderben, denn die Einwirkungen durch das Gebiß können nur von der lebenden und feinfühlenden Hand des Reiters richtig abgewogen werden. (S.91)"

Zitat Phillipe Karl: "Der Zügelgehorsam darf nicht aus einem Kampf zwischen dem Genick des Pferdes und den Armen des Reiters ergeben(..) Die erste Aufgabe der Hand ist es, dem Maul in all seinen Bewegungen zu folgen, so dass sie niemals eine bestimmte Haltung erzwingt. Die berühmte ruhige Hand muss also in Bezug auf das Maul ruhig sein, nicht in Bezug auf den Pferderücken.(...)

Weiterhin gehört dazu, dass das Pferd immer wieder in die Dehnung entlassen wird, das habe ich bei Dir immer vermisst und wenn ich die Pferde mal nach unten ließ, dann hast Du mir Unwahrheiten über Anlehnung erzählt, die ich schon vor Jahren abgelegt habe.

Wenn ich Dir beim Reiten zusah, so sah ich ermüdend und langweilig Runde um Runde um Runde im Trab bei kurzem Zügel mit rausgedrücktem Unterhals der Pferde. Nur weil die Pferde die Beine in die Luft schmeißen gehen sie weder vorwärts (im Sinne der klassischen Lehre) noch über den Rücken.

Der Fleiß des Pferdes sollte nicht durch Angst vor der Gerte entstehen oder durch aufgestaute Energie mangels freier Bewegung, sondern durch Gehfreude, was voraussetzt, dass sich das Pferd gerne bewegt,

- weil es sich gut fühlt (Stichwort: Weide-/Futtermanagement, Sozialkontakte auch für Hengste, Paddockgröße und Untergrund geeignet für ausgiebige Ruhephasen im Liegen, Pausen zwischen den Reit- und Therapiestunden bei freier Bewegungsmöglichkeit),
- die Hufe gesund sind und regelmäßig alle 5-7 Wochen (nicht so dass die Hufe schon die Form verlieren und über die Eisen hinüber wachsen oder die Barhufe nach vorne wegwachsen und ausbrechen) neu beschlagen bzw. bearbeitet werden
- und die Ausrüstung auf das entsprechende Pferd passt (Stichwort: gleicher Sattel für Jakobo wie für Attila, das geht eigentlich gar nicht, Attila hat der Sattel überhaupt nicht gepasst und auch für Jakobo war der Sattel nicht ideal).

Ebenso gehört zur Klassischen Lehre der Respekt vor dem Lebewesen Pferd, worauf ALLE altklassichen Ausbilder wert legen, u.a. auch jene, deren Lehre Du Dir auf die Fahnen bzw. auf Deine Webseite schreibst.

Hinrichs und o´Brien beispielsweise appellieren in allen ihren Vorträgen, Kursen, Veröffentlichungen und Interwies an den Respekt der Reiter gegenüber ihren Pferden.

Leider habe ich von Dir noch nie erfahren, dass Du Deinen Pferden Respekt entgegen bringst. Du lernst sogar Deine Schüler und selbst Kinder an, mit den Pferden respektlos, rüde und grob umzugehen.

Grobheit und Strenge haben nichts mit Führungsqualitäten zu tun, das solltest Du wissen, wenn Du schon Seminare anbietest zu Führung, etc. Führung entsteht durch Besonnenheit, Kompetenz und innere Stärke.

Ich habe in den vergangenen 15 Jahren einige Kurse und Seminare in Klassischer Reitweise besucht und mir fehlt bei Deiner Art vieles der Grundsätze der (Alt-)Klassischen Reiter.

Auch Deine Art der Bodenarbeit ist in keinster Weise Klassisch und/oder Pferdegerecht. Körpersprachliches „Flüstern“ geht anders als mit der Gerte fuchteln, mit dem Strick schlingern und am Gebiss reißen. Wenn ich dann mit subtilen körpersprachlichen Signalen kam, sagtest Du mir, ich würde körpersprachlich gar nichts ausdrücken. Du solltest die feinen Nuacen erkennen und umsetzen lernen, wenn Du auf „leise Art“ mit so sensiblen, intelligenten Tieren wie Pferden kommunizieren möchtest.

Auch Deine Schüler behandelst Du respektlos. Ich erwarte von einem Lehrer, dass er das Wissen und auch das Nichtwissen oder Falschwissen seiner Schüler respektiert und dass der Lehrer den Schülern wie auch umgekehrt mit Achtung begegnet. Alles schlecht zu reden, was die Schüler bisher gelernt haben, kann nicht der richtige Weg sein. Auch und besonders als Lehrer benötigt man offene Augen und Ohren.



Man lernt nie aus und ich möchte mein Pferd so reiten, dass es seiner Gesundheit zuträglich ist und dass es daran Freude hat.

Du hast mir immer wieder versichert, dass das nicht möglich sei. Ich sage Dir: es ist möglich, dass Pferde Freude an der gemeinsamen (Reit-) Arbeit haben und durch die Arbeit mit dem Reiter stolzer, schöner und gesünder werden. Ich erfahre das ständig, und es ist traurig, dass Du diese Erfahrung noch nicht machen konntest.

Pferde – und zwar alle – reagieren auf die Berührung einer Fliege. Mehr braucht es auch zum guten Reiten nicht, wir Menschen müssen nur lernen uns verständlich auszudrücken und unsere Ideen zu den Ideen der Pferde zu machen sowie die Freude und Motivation der Pferde erhalten und fördern.

Mit Drohungen, Einschüchterung und Druck kann keine Motivation entstehen, Motivation entsteht daraus, dass man sich auf etwas zubewegt, nicht dass man etwas vermeiden möchte oder sich davon wegbewegt.

An dieser Stelle möchte ich Dir empfehlen, Dich mit Lernpsychologie und Lernverhalten (von Pferden UND Menschen) auseinander zu setzen. Vielleicht verstehst Du dann meine Argumente zum Thema Verstärkung, sowohl positive als auch negative.

Ich hoffe, Du nimmst meine Worte ohne Groll … ich hätte Dir das alles schon lange sagen sollen, habe mich aber immer wieder zurück genommen als auf meine Bemerkungen aggressive Widerworte und gar wüste Beschimpfungen Deinerseits kamen.

Deine Rechtfertigung der Gewalt gegenüber so sanften, stolzen, würdevollen Wesen wie Pferden beweist leider nur, dass Du nicht in der Lage bist mit Pferden zu kommunizieren, weder vom Boden noch vom Sattel aus. Einschüchterung hat nichts mit Kommunikation zu tun. Klassische Reitweise mit allem Drum und Dran sieht anders aus. Stichwort RESPEKT vor dem Pferd.

Ich würde mich sehr gerne mit Dir aussprechen. Ich würde Dir auch gerne helfen, Dich Deinen Pferden sanfter mitzuteilen. Auch war ich lange an einem Wildpferdprojekt dran, hab dafür Berichte geschrieben und kann deshalb Manches zum Thema Rangordnung und Herdenverhalten sagen, falls Dich das interessiert. Einen Bericht von mir, der u.a. auch in einer Pferdezeitung veröffentlicht wurde, findest Du bei Interesse hier: http://www.meinpferdetraum.de/meinPferdetraum/seite301.php .

Vielleicht können wir ja mal was ausmachen, um miteinander zu reden, falls Du dazu bereit bist. Und falls Du in der Lage bist, Dich meinen Gedanken zu öffnen. Ich bin gerne für Dich da, bitte melde Dich.

Viele Grüße. Karin (Kelly)

Um den Menschen verstehen zu können, muss das Pferd Vertrauen zu ihm haben. Vertrauen ist die Grundlage zum Verständnis.
Prof. Klaus Zeeb (Fachtierarzt für Verhaltenskunde)
 
     
  Ich bekomme eine unfreundliche Nachricht zurück und antworte Folgendes:

Hallo Bxxx,

vielen Dank für Deine Rückmeldung.

Die wenigen Stunden Einblick von den gepflasterten Einzelpaddocks ohne Liegemöglichkeit und ohne Sozialkontakt und den katastrophalen Hufen mit Eisen, die wochenlang nicht erneuert werden und von Pferden, die eingeschüchtert und bedroht werden, von Sätteln, die nicht passen, von Reitschülern, die respektlos angequatscht werden, von einer Reitlehrerin, die nicht in der Lage ist, sich in ihre Pferde einzufühlen, haben mir gereicht.

Ich bin immer wieder zu Dir in den Stall gekommen, in der Hoffnung irgendwann das zu finden, was Du auf Deiner Homepage anpreist, nämlich Pferdegerechtes im Umgang und im Reiten. Ich bin sehr enttäuscht worden. U.a. auch von Deiner Art: Du erwartest Kritikfähigkeit, bist aber selbst nicht in der Lage, Dich zu hinterfragen und Feedback ernst zu nehmen. Deine e-mail-Nachricht bestätigt meine bisherigen Erfahrungen mit Dir: Du bist nicht fähig, Dein Verhalten zu reflektieren, Dir fehlt der Blick über den Tellerrand und Dein Ego bestimmt alles was Du tust.

Auf diese Weise wirst Du niemals anspruchsvolle Reiter dauerhaft für Dich begeistern.

Mein Weg mit Menschen und Pferden sieht anders aus: offen, freundlich, wohlwollend und freudig.

Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg. Ich wünsche Dir, einen Blick über Deinen eingeengten Standpunkt hinaus, ich wünsche Dir Offenheit für Begegnungen in Deinem Leben mit Menschen und Pferden. Versuche den Pferden zuzuhören, von ihnen kannst Du am Meisten lernen über Pferde.

Ich danke Dir für alle Erfahrungen, die ich bei und mit Dir machen durfte.

Viele liebe Grüße. Karin (Kelly)

 
     
  Noch ein paar Gedanken dazu: es ist traurig, dass in der Reiterszene immer noch so viel Gewalt und Respektlosigkeit herrscht. Meistens unter dem Deckmantel der Rangordnung. Dass Kommunikation mit Pferden auf sanfte Art möglich ist und zu höchsten Leistungen führen kann, beweisen viele ECHTE Pferdemenschen. Wer auch immer auf der Suche nach der Wahrheit ist: bitte lasst Euch nicht täuschen! Fühlt genau hin: wie geht es den Pferden, wie geht es Euch, wie fühlt Ihr Euch in Eurem Inneren, ist es wirklich das, was Euch zu den Pferden zieht ... oder gibt es da noch etwas Anderes jenseits von Druck und Ego... Bitte gebt nicht auf, nach der Wahrheit zu suchen, auch wenn es oft so schwierig scheint, wie die Suche nach dem Heiligen Grahl. Steht zu Euch und steht zu Euren Pferden, lasst weder Respektlosigkeit noch Gewalt zu, hierfür gibt es niemals einen Grund, weder im Umgang mit Menschen noch im Umgang mit Pferden.

Viele Grüße. Eure Kelly

PS. An dieser Stelle noch ein Buchtipp "Jeder Gedanke ist eine Kraft" von Nicole Künzel



"Aus der Ehrfurcht vor dem Leben erwächst der Welt Frieden" Albert Schweitzer
 
     
 
 
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