Aufgekommene Fragen...

 
   
     
 
 
     
  Ich wurde gefragt:  
  ... ich glaube, ich bin einfach zu ängstlich für das Reiten. Nun reite ich schon seit 2 Jahren und ich habe immer noch Angst, vor allem vor dem Galopp.
[...]
 
     
  Meine Meinung dazu:  
 

Dass es einen „zu ängstlichen Typ“ im Umgang mit Pferden gibt, bezweifle ich stark! Jene Menschen, die sich mit Respekt und Vorsicht den Pferden und auch anderen Tieren nähern, sind die, die es meistens zu einer wirklich ehrlichen Partnerschaft mit dem Tier bringen. Überhebliche Menschen, die Tieren wenig Würde und Respekt zugestehen, werden wohl immer eine Oben-Unten-Beziehung führen. Nicht erstrebenswert, wie ich finde.
Ich kann Deine Ängste sehr gut verstehen. Ich hatte in meiner Kindheit mehrere Unfälle mit Reitschulpferden, außerdem war unser Reitlehrer sehr laut und grob. Ich hatte oft so sehr Angst, dass ich Bauchweh und Durchfall vor der Reitstunde hatte. Dieser Reitlehrer hat in mir ein Trauma so verfestigt, dass ich bis heute nicht darüber hinweg gekommen bin. Er wollte, dass ich Springstunden nehme – das war 1988, ich war gerade 9 Jahre alt. Ich hatte Angst und ich wollte außerdem gar nicht springen, er meinte aber, das sei nun mal jetzt an der Reihe. Ich ging also den Sprung an, ohne jemals vorher über Stangen oder Cavaletti geritten zu sein. Ich stürzte. Der Reitlehrer schimpfte mich und sagte ich solle es sofort noch mal probieren – das Pferd „Rebecca“ weigerte sich, wahrscheinlich spürte sie meine Angst. Ich sollte stärker treiben, wieder verweigerte Rebecca und ich stürzte ihr über die Schulter und biss mir so stark auf meine Lippe, dass mein ganzes T-Shirt voller Blut war. Der Reitlehrer schaffte mich wieder aufs Pferd, ich hatte Tränen in den Augen und furchtbare Angst. Er trieb Rebecca mit der Longierpeitsche, dennoch stoppte sie wieder kurz vor dem Sprung und ich stürzte in die Stangen hinein und holte mir schwere Prellungen und Blutergüsse am Rücken und an Armen und Beinen. Das ist nun fast 20 Jahre her und ich habe immer noch Angst vorm Springen.

Ähm, ja – ich bin abgeschweift ;-). Eigentlich möchte ich Dir mit dieser Erzählung sagen: TU NICHTS, WOZU DU NICHT BEREIT BIST. Lass Dich zu nichts zwingen! Tu das was Dir gut tut. Versuche einmal, Dich bewusst vom Pferd tragen zu lassen, erspüre die Bewegungen des Pferdes, versuche zu erspüren, wann das Pferd welchen Fuß anhebt, versuche zu erfühlen, wann das Pferd welchen Muskel an- oder entspannt. Versuche, Dich ganz und gar auf das Bewegungsgefühl einzulassen. Zuerst nur im Schritt, dann vielleicht im Trab. Der Galopp ist völlig unwichtig und –so lange Du Angst hast und Dich verspannst- hinderlich für Deinen lockeren Reitersitz. Du musst nicht galoppieren. Und wenn Du irgendwann einmal den Wunsch verspürst, galoppieren zu wollen, dann pariere nach wenigen Galoppsprüngen wieder durch zum Schritt und lobe Dich und Dein Pferd :-). Du sagst, dass es Dir in Deiner Reitschule gut gefällt und dass die Reitlehrerin verständnisvoll ist. Sicherlich kannst Du mit ihr über Deine Ängste und Wünsche reden, oder!? :-)

Eine liebe Freundin von mir hat mir einmal eine Frage zur Angst vor dem Galopp gestellt. Ich habe ihr dieses hier geschrieben und ich möchte das hiermit auch Dir ans Herz legen:

Zitat Anfang. „Als erstes möchte ich Dir mein herzlichstes Lob für Deinen Mut aussprechen! Indem Du zu Deiner Angst stehst, hast Du schon den ersten und schwierigsten Schritt getan, um die Angst zu überwinden. Meinen aufrichtigen Glückwunsch an DICH!

Ich kann gut verstehen, dass Du Angst vor dem Galoppieren hast, denn so wie man das Galoppieren in Reitschulen häufig lernt, ist es für Mensch und Pferd nicht angenehm. Das Pferd muss erst lernen sich auszubalancieren, um den Reiter im Gleichgewicht tragen zu können. Nur dann fühlt sich der Galopp für den Reiter und das Pferd angenehm an und ist auch gymnastisch förderlich. Du solltest Dir also unbedingt ein Pferd aussuchen, dass im Gleichgewicht galoppieren kann und Vertrauen in den Menschen hat.

Ich würde an Deiner Stelle, da Du ja längere Zeit nicht geritten bist, erst einmal mit Bodenarbeit und "fühlendem Reiten" beginnen. Du könntest Dich zum Beispiel ohne Sattel auf den Pferderücken setzen und Dich von einer vertrauten Person führen lassen. Dabei kannst Du die Bewegungen des Pferdes erfühlen und dadurch selbstsicherer werden. Diese Fühlübungen kannst Du später auch im Trab machen. Ich würde vorerst nicht galoppieren, sondern erst, wenn Du es Dir wirklich zutraust - andernfalls würdest Du Dich und das Pferd verunsichern.

Zur psychologischen Angstbewältigung kann ich Dir z.B. Autogenes Training, Kinesiologie, NLP und Ähnliches empfehlen. Eine Möglichkeit, die ich gerne nutze, um mich auf angstbesetzte Situationen vorzubereiten ist das positive Selbstgespräch mit inneren Bildern - sozusagen eine Meditation:
*** Nimm Dir einige Minuten Zeit - atme tief und ruhig - erfühle Deinen Körper - schließe Deine Augen - Du bist ganz ruhig - Du atmest gleichmäßig, Du spürst den Atem durch Deinen Körper fließen - stell Dir nun bildlich vor, wie Du in aller Ruhe voller Vertrauen auf einem vertrauenswürdigen Pferd galoppierst - Du spürst ganz deutlich, wie ruhig und gelassen Du bist - das Pferd und Du, Ihr seid auf einer Wellenlinie, Ihr galoppiert gemeinsam voller Leichtigkeit, Ihr erfühlt einander - Dein Atem geht ruhig, Deine Muskulatur ist locker und entspannt - Du beobachtest und erfühlst Dich so lange Du willst, während dem entspannten Galopp, den Du mit allen Sinnen genießt ... - langsam kehrst Du wieder ruhig atmend in die "normale Welt" zurück - die Gelassenheit und das tolle, entspannte Gefühl während des Galopps nimmst Du mit. ***

Diese Meditation kannst Du mehrmals täglich ausführen, mit der Zeit wirst Du auch richtig Übung darin bekommen und Dein innerer "Film" wird immer deutlicher und schöner.
Wenn Du dann tatsächlich das erste Mal galoppierst - nur wenn Du wirklich dazu bereit bist - wirst Du Dich locker und entspannt fühlen, halt Dir immer das Gefühl und die inneren Bilder Deiner Meditation vor Augen.
Ganz wichtig ist, wie gesagt, dass Du Dir ein Pferd Deines Vertrauens suchst.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas helfen. Es gibt viele Bücher zum Thema "Selbstvertrauen" und "Angstbewältigung", vielleicht hast Du ja Lust Dich genauer in die psychologischen Grundlagen einzulesen - das ist wirklich interessant. Ansonsten noch mein Tipp: Hab´Geduld und sei beharrlich! Zitat Ende.

Liebe L., ich hoffe Du kannst mit den Ratschlägen ein bisschen was anfangen. Bitte nimm Dir viel Zeit für die Meditation und auch für das Autogene Training, denn es gehört ein bisschen Übung dazu, die inneren Bilder richtig „nutzen“ zu können :-).

Ich wünsche Dir weiterhin von Herzen alles Gute und viel Zuversicht, Selbstvertrauen und Glauben.

 
     
     
     
 
 
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